Rittplanung

Vorbereitung eines Wanderritts: Streckenplanung

von Mag. Michaela Bociurko (erschienen IIO, Ausgabe 2/2015)

 

WANN – WIE LANGE – WOHIN. Wanderreiten ist nicht Reiten „ins Blaue“. Es erfordert umfangreiche Planung, Organisation und Know-How. Ist ein mehrtägiger Ritt geplant, starten die Vorbereitungen oft schon Monate bis ein Jahr im Voraus. Grundlage der Planung sind die Fragen wann, wie lange und wohin es gehen soll. Bei der Wahl des Termins gilt es sowohl individuelle (Urlaubs-, Ferienzeit etc.) als auch regionale Bedingungen (z.B. Klima, Jahreszeit, Taglänge, Verkehrsaufkommen bei An- und Abreise etc.) abzuwägen. Bei der Wahl der Streckenlänge und des Geländes spielt der Trainingszustand der Pferde eine sehr wesentliche Rolle. Hierbei hat man sich bei der Planung immer am schwächsten Teilnehmer einer Gruppe zu orientieren.

UNTERLAGEN BESORGEN. Hat man eine Region ausgewählt, startet die erste Recherche. Die Beschaffung von aktuellem Karten- und Informationsmaterial ermöglicht es, sich ein erstes Bild von der Region zu machen. Von der jeweiligen Tourismusorganisation können Unterkunftsverzeichnisse und – wenn vorhanden – Reitwegekarten angefordert werden. Regionale Pferdeverbände geben Auskunft über Einstellbetriebe, Reitwege, Reitverbote und Gebühren. Mittels Onlineverzeichnisse oder über die Gemeinden können Hufschmiede und Tierärzte in der Region ausgeforscht werden. Auch Ansprechpartner für Jagd und Forst sollten bekannt sein.

GELÄNDEBEURTEILUNG. Die Streckenplanung kann nun in Angriff genommen werden. Hierfür eignet sich gut Kartenmaterial im Maßstab 1:50.000 sowie digitale Karten. Zweitere bieten oft auch diverse hilfreiche Tools wie z.B. 3-D-Ansicht und automatische Streckenmessung. Um Ausgangspunkt, Tagesziele, Rastplätze und die Etappenlängen zu planen, bedarf es zunächst einer ersten Geländebeurteilung. Anhand des Kartenmaterials kann beurteilt werden, um welche Art von Gelände es sich handelt, wie es besiedelt ist und mit welchen Hindernissen zu rechnen ist (Flüsse, Eisenbahnen, Sümpfe etc.). Besonders zu beachten ist die Höhenstruktur. Höhenlinien geben darüber Auskunft, welche Steigungen man zu erwarten hat. Ich lege jedem frischgebackenen Wanderreiter nahe, einen Kartenkundekurs zu besuchen und sich hier entsprechendes Knowhow anzueignen. Auch der Umgang mit Karte und Bussole sollte geübt werden. Aus Erfahrung ersetzen vorhandene Reitwegenetze nie diese Kenntnisse, da man sich in den wenigsten Gebieten nur auf Reitwegemarkierungen verlassen kann. Auch im Mittelburgenland fehlten diese an zahlreichen Weggabelungen.

DETAILPLANUNG. Nachdem die Geländebeurteilung darüber Aufschluss gegeben hat, welche Art von Wege zur Verfügung stehen, mit welchen Steigungen und Hindernissen zu rechnen ist und wo z.B. Bäche zum Tränken verlaufen, kann zum nächsten Schritt übergegangen werden: Der Planung des Ausgangspunktes, der Rastplätze und Tagesziele sowie der Etappenlänge der Reitstrecke. Hierbei sollte bei der Wahl des Ausgangspunktes darauf geachtet werden, dass dieser die Möglichkeit bietet mit dem Pferdehänger zuzufahren, dort gefahrlos auszuladen und die Pferde zu tränken und anzubinden. Für die Pausenplätze sollten sie besonders auf Tränk- bzw. Wasserentnahmemöglichkeiten achten. Es empfiehlt sich, pro Tag etwa drei Pausen einzuplanen. Bei der Wahl der Tagesziele steht natürlich die Verpflegung der Pferde und in zweiter Linie jene der Reiter im Vordergrund. Beziehen ihre Vierbeiner am Ende des Tages Quartier in einem Einstellbetrieb, ist der organisatorische Aufwand deutlich geringer. Ist kein Quartier vorhanden, bedarf es eines Begleitfahrzeuges und einer weit umfangreicheren Ausrüstung (Elektro-Einzäunung etc.), Planung und Organisation vor Ort (z.B. Absprachen mit Grundbesitzer etc.). Sollten Sie noch Neuling auf dem Gebiet des Wanderreitens sein, empfehle ich ihnen für den Einstieg ein Gebiet mit gutem Reitwegenetz zu wählen und nach Erreichen ihres Tagesziels gemeinsam mit ihren Vierbeinern ein Quartier zu beziehen. So werden Sie am Anfang sicher mehr Freude haben und nicht von Checklisten und ToDos erschlagen.

ETAPPENLÄNGE & ABRUCHMÖGLICHKEITEN. Auch sollten Sie zu Anfangs kurze Etappenlängen planen. Aber was bedeutet eigentlich kurz? Wanderreiter werden sehr häufig gefragt, wieviele Kilometer man denn für einen Tag vorsehen sollte. Leider gibt es auf diese Frage keine pauschale Antwort, da dies eben von zahlreichen Faktoren wie etwa Kondition der Pferde (und Reiter), Geländebeschaffenheit, Taglänge etc. abhängig ist. Als Richtwert gilt allgemein, dass man für eine Tagesetappenlänge etwa 30 bis maximal 40 Kilometer veranschlagen sollte. Je nach gegebenen Bedingungen (starke Steigungen, kurze Taglänge etc.) ist diese Angabe entsprechend nach unten zu korrigieren. Ganz wichtig: Bei der Planung der Route unbedingt auch für den Bedarfsfall einige Abbruchmöglichkeiten sowie Abkürzungen einplanen. Abbruchmöglichkeiten sind so zu konzipieren, dass ein Pferdetransportfahrzeug zufahren und man selbst dort gefahrlos warten und die Pferde einladen kann. Auch sollten diese Abbruchmöglichkeiten für den Fahrer leicht zu finden sein.

ERKUNDUNG. Ist die Planung abgeschlossen, handelt es sich hierbei freilich vorerst nur um ein rein theoretisches Gebilde. Um die praktische Umsetzung zu überprüfen, gilt es die Strecke sowie alle geplanten Punkte (Ausgangspunkt, Pausenplätze, Abbruchmöglichkeiten, Tagesziele) auch vor Ort zu erkunden. Bei selbst geplanten Strecken jenseits von offiziellen und markierten Reitwegen werden sie nicht umhin können, diese vollständig abzugehen bzw. abzufahren, da sich zahlreiche Problematiken (aktuelle Straßensperren, Reitverbote, Zustand der Straße etc.) erst vor Ort erschließen. Nicht selten ist es aufgrund der gewonnenen Erkenntnisse erforderlich, die Strecke zu überarbeiten bzw. neu zu planen. Auch ermöglicht es erst die Erkundung vor Ort eventuell notwendige Absprachen vorzunehmen oder Genehmigungen einzuholen. Wenn ausschließlich auf offiziellen Reitwegen geritten wird, kann der Aufwand freilich etwas reduziert werden, eine – zumindest grobe – Erkundung der Strecke sowie eine Besichtigung der Rast- und Versorgungsstationen im Vorfeld würde ich aber auch hier wärmstens empfehlen.

INFOS ZUSAMMENTRAGEN. Parallel zu Streckenplanung und Erkundung ist Kontakt mit potentiellen Quartiergebern aufzunehmen. Schließlich ist zu eruieren, ob z.B. Gastpferdeboxen und Zimmer zur Verfügung stehen, welche Verpflegung (z.B. Heu, Silage, Kraftfutter, …) angeboten wird und mit welchen Kosten zu rechnen ist. Reservierungen und Buchungen sollten sie sich stets schriftlich bestätigen lassen, ebenso wie diverse Genehmigungen (z.B. Erlaubnis zur Nutzung eines Privatweges, Parkgenehmigung etc.), um während des Rittes keine bösen Überraschungen zu erleben.

Mit Zusammentragen aller Infomaterialien (Karten, Verzeichnisse, Kontaktliste Tierärzte, Hufschmiede etc.), Fertigstellung der Streckenplanung, erfolgter Erkundung vor Ort und Reservierung der Quartiere sind die Vorbereitungen für einen Wanderritt freilich noch lange nicht abgeschlossen. Schließlich müssen Sie sich spätestens jetzt ausführliche Gedanken machen über die erforderliche Ausrüstung und über den Trainingszustand ihres Pferdes. Denn auch dies muss gründlich geplant und vorbereitet werden.